Bauarbeiter verlegt Glasfaserkabel.
(Foto: AnneVerschraagen / Pixabay)
04.09.2024
Bauwirtschaft

Der Anschluss aller Haushalte und Unternehmen an Glasfasernetze bis 2030 ist erklärtes Ziel der Gigabitstrategie der Bundesregierung. Bis 2025 soll die Hälfte der Haushalte angeschlossen sein.

In der praktischen Umsetzung ergeben sich eine Reihe von Problemen im Zusammenhang mit ausbeuterischen Arbeitsbedingungen, mit Schwierigkeiten bei der Verfolgung und Durchsetzung von Lohnansprüchen der eingesetzten Beschäftigten ebenso wie bei der Verfolgung und Durchsetzung der Ansprüche der Sozialversicherungen und der gemeinsamen Einrichtungen.

Es braucht mehr Transparenz und eine Stärkung der Rechte der Beschäftigten! Für uns ergeben sich daraus sieben Forderungen:

1. Ausweitung der Generalunternehmerhaftung in § 14 AEntG auf baufremde Auftraggeber

Im Bereich des Glasfaserausbaus treten die großen Glasfaseranbieter (Telekom, Vodafone, Deutsche Glasfaser, O2, 1&1, Versatel) als Auftraggeber am Markt auf. Dies tun sie jedoch nicht mit eigenen Beschäftigten, sondern bedienen sich bei der Projektrealisierung sogenannter Projektbüros, die dann wiederum andere Subprojektbüros beauftragen, die dann die eigentlichen Subunternehmen mit der Bauausführung beauftragen. Dabei ist die konkrete Baumaßnahme meist innerhalb weniger Tage abgeschlossen, es sind in der Regel sehr mobile Arbeitskolonnen im Einsatz.

Nach § 14 AEntG haftet ein Unternehmer, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Werk- und Dienstleistungen beauftragt, wie ein Bürge ohne die Einrede der Vorausklage für dessen Verpflichtung zur Zahlung des Mindestentgelts an die Beschäftigten und zur Zahlung der Urlaubskassenbeiträge an die gemeinsame Einrichtung.

Jedoch gilt diese Haftung wegen der einschränkenden Auslegung des Bundesarbeitsgerichts zu § 14 AEntG nicht für baufremde Unternehmer, die nur als Bauherren eine Bauleistung in Auftrag geben. Damit sind genau die oben genannten großen Glasfaseranbieter aus der Verantwortung genommen. Es handelt sich um eine Schutzlücke.

Dies würde den betroffenen Arbeitnehmern, aber auch den Sozialversicherungen und den gemeinsamen Einrichtungen,  einen weiteren Anspruchsgegner für die ihnen zustehenden Entgelte
beziehungsweise die Sozialversicherungsbeiträge/Beiträge der gemeinsamen Einrichtungen verschaffen und zudem dazu führen, dass Auftraggeber die von ihnen beauftragten Unternehmen genauer auswählen und kontrollieren.

2. Subventionen und öffentliche Vergaben im Glasfaserausbau an Tariftreue und andere inhaltliche Kriterien binden (soziale Konditionierung)

Auf Bundesebene, Landesebene und kommunaler Ebene existieren umfangreiche Subventionsprogramme. Die Vergabe der Mittel aus diesen Programmen sollte an die Einhaltung der allgemeinen arbeitsrechtlichen Standards und der tarifvertraglichen Standards des Bauhauptgewerbes gekoppelt werden.

Aber nicht nur das: auch die Ausweitung der Generalunternehmerhaftung auf baufremde Auftraggeber, deren Kontrollverpflichtung und die Begrenzung der Unterauftragsvergabekette (Punkte 1,3 und 4) sollten verpflichtende Kriterien für eine öffentliche Subventions- und Auftragsvergabe sein.

3. Begrenzung der Unterauftragsvergabekette

Aktuell herrscht bei der Verlegung eine große Intransparenz. Oftmals kennen Beschäftigte das Generalunternehmen und den Auftraggeber ihres Projekts nicht, andererseits sind Auftraggeber nicht ausreichend über die Arbeitsbedingungen bei der Verlegung informiert.

Notwendig ist die Begrenzung der Untervergabe des  gleichen Auftragsteils auf max. ein bis zwei Glieder in der Kette, das heißt, ein
von einem Generalunternehmen beauftragtes Nachunternehmen darf den gleichen Auftragsteil maximal an einen weiteren Unterauftragsnehmer weiter vergeben.

Zusätzlich sollten die großen Glasfaserunternehmen dazu verpflichtet werden, das bestehende Nachunternehmen an die SOKA-BAU zu melden. Dadurch kann sichergestellt werden, dass alle Betriebe im Geltungsbereich der Bautarifverträge entsprechend erfasst werden. Dies schützt sowohl die tariftreuen Betriebe vor einem Unterbietungswettbewerb als auch die Beschäftigten, die im Geltungsbereich der Bautarifverträge eingesetzt sind.

4. Verpflichtung der Auftraggeber, ihre Baustellen selbst zu kontrollieren

Die Verlegung von Glasfaserkabeln findet auf Baustellen durch eine kleine Zahl von Arbeitern statt. Zudem wandert die Baustelle täglich weiter. Dies erschwert Kontrollen vor Ort massiv.

Notwendig ist daher auch eine Verpflichtung der Auftraggeber, ihre Baustellen und die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten selbst zu kontrollieren.

5. Schwerpunktprüfung durch die Finanzkontrolle Schwarzarbeit

Die IG BAU und gewerkschaftsnahe Beratungsstellen haben in den letzten Jahren eine deutliche Häufung an massiven Verletzungen des Mindestlohngesetzes und weiterer arbeitsrechtlicher Schutzgesetze speziell bei der Glasfaserkabelverlegung festgestellt. Davon nicht erfasst sind die ebenfalls häufigen Verstöße gegen die tarifvertraglichen Bestimmungen des Bauhauptgewerbes.

Daher sollte eine Schwerpunktprüfung der Branche durch den Zoll erfolgen, inklusive einer Feststellung der Auftraggeber und eingesetzten Nachunternehmer und einer Weiterleitung der Informationen an die SOKA-BAU.

6. Glasfaserkabelverlegung ist eine Tätigkeit im Tiefbau

Erforderlich ist die rechtliche Klarstellung in einer gesetzlichen Verordnung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beziehungsweise einer Anpassung der Baubetriebeverordnung, dass Glasfaserverkabelung eine Tätigkeit im Tiefbau ist. Damit würde klargestellt, dass tarifliche Regelungen des Bauhauptgewerbes Anwendung finden, insbesondere sorgt eine Meldepflicht der Unternehmen bei der SOKA-BAU für erheblich mehr Transparenz.

7. Kommunen als engagierte Akteure im Glasfaserausbau

Engagierte Kommunen sollen die Ausführung des Glasfaserausbaus im Interesse der eingesetzten Beschäftigten begleiten. Dazu gehört auch die Aufsicht über die Einhaltung der grundlegenden Vorgaben des Arbeits- und Gesundheitsschutzes (zum Beispiel Unterbringung der Beschäftigten, persönliche Schutzausrüstung etc.).

Bei Kenntnis von geplanten Einsatzorten und Zeiträumen der Glasfaserbaustellen sind diese Informationen an den Zoll und die gemeinsamen Einrichtungen weiterzuleiten. Gegebenenfalls ist über eine Pflicht der Kommunen nachzudenken, entsprechende Listen zu führen.