Einer von uns: Eliécer Alvarado Rodriguez
In seiner ursprünglichen Heimat Costa Rica hat Titos einige Jahre als Lehrer für Geschichte, Politik und Erdkunde gearbeitet. Aus familiären Gründen zog er 2013 nach Deutschland und startete in Schleswig-Holstein in ein neues Leben. Das bedeutete für ihn erst einmal: Deutsch lernen. Und außerdem sich in der neuen Heimat einleben, Kontakte knüpfen, Freunde finden. Schließlich war es an der Zeit, eine neue Arbeit zu suchen: "Ich habe überlegt: Wo spielt hier die Musik, was kann ich lernen, damit ich danach eine Stelle finde?" Er entschied sich für die Arbeit auf dem Bau: "Ich habe schon immer gerne handwerklich gearbeitet. Außerdem sah ich dort auch geringere Probleme mit der Sprache, da es mehr aufs Tun als auf die Kommunikationsfähigkeit ankommt."
2018 fing Titos in Lüneburg eine Ausbildung zum Rohrleitungsbauer an, die er nach zweieinhalb Jahren erfolgreich abschloss. Leider machte er schlechte Erfahrungen mit einigen Vorgesetzten und Kollegen: "Ich fühlte mich in der Baufirma gemobbt. Vielleicht haben mein Akzent und mein Aussehen eine Rolle gespielt. Vielleicht ist es auch ungewöhnlich, mit Mitte 30 eine Ausbildung anzufangen", vermutet Titos. Die Arbeit am Bau findet er eigentlich toll – "wenn es eine gute Kolonne ist und der Umgang miteinander stimmt". Zwar wurde er von seiner Firma übernommen, ihn belastete die Situation aber so sehr, dass er dort nicht dauerhaft arbeiten wollte.
Nach sechs Monaten als Geselle bekam Titos das Angebot seiner ehemaligen Berufsschule in Hamburg, dort als Lehrer zu arbeiten – erstmal ein Jahresvertrag: "Vielleicht geht es an der Berufsschule weiter. Ich bin auch im Prozess, mein Studium hier voll anerkennen zu lassen. Ich bin sehr gerne Lehrer, interessiere mich aber auch für neue Technologien und Prozesse im Baubereich und könnte mir ebenso vorstellen, in die Forschung zu gehen."
Gemeinsam etwas bewegen
Gewerkschaftsmitglied ist Titos bereits als Lehrer in Costa Rica geworden: "Die Lehrergewerkschaft ist sehr stark und aktiv. Viele wissen, was die Gewerkschaften im Laufe der Geschichte alles geleistet und erreicht haben. Auch wenn es immer wieder Korruptionsvorwürfe gegenüber Gewerkschaftern gibt, ist sich die Gesellschaft bewusst, dass Gewerkschaften wichtig sind als Gegengewicht zu Regierung und Wirtschaft."
Mitglied der IG BAU ist Titos während seiner Ausbildung geworden – und dann auch bald stellvertretender Vorsitzender im Ortsverbandsvorstand Lüneburg. Wichtig sind ihm Anti-Diskriminierungs- und Anti-Rassismus-Arbeit, die Integration von Ausländer*innen – und das Thema Mobbing: "Wenn andere dich beleidigen oder sich lustig über dich machen, heißt es oft: Ist doch nur Spaß. Für die Betroffenen ist es das aber überhaupt nicht. Mobbing muss aufhören! Dazu gehört auch ein fairer und wertschätzender Umgang von Vorgesetzten mit ihren Mitarbeiter*innen und den Auszubildenden." Ein dringendes Anliegen ist es Titos, Kolleg*innen für die aktive Mitarbeit in der IG BAU zu gewinnen: "Gewerkschaft ist erstmal nur ein Wort. Aber wenn du mit Kolleg*innen zusammen aktiv bist, dann wird die Gewerkschaft zu vielen Menschen, die gemeinsam Ziele erreichen wollen und etwas bewegen können. Ich möchte gerne Mitglieder in Lüneburg einladen und motivieren, zum Ortsverband zu kommen, um mit uns die Arbeitswelt zu gestalten!"
Text: Cordula Binder